Vom 13. bis 15. Dezember 2024 fand in Hong Kong, China das World Lacrosse Super SIXES Turnier statt – ein Highlight im internationalen Lacrosse-Kalender und ein Meilenstein auf unserem Weg zu den Olympischen Spielen 2028. Als Spieler der deutschen SIXES Lacrosse-Nationalmannschaft nahm ich an diesem hochkarätigen Wettbewerb teil, der nicht nur physisch fordernd und gleichzeitig eine großartige Erfahrung war, sondern zwangsläufig auch Widersprüche zur Klimakrise und persönlichen Werten aufwarf.
Ankunft und erste Eindrücke
Schon die Ankunft in Hong Kong versprach ein unvergessliches Erlebnis. Untergebracht waren wir in einem gemeinsamen Hotel, großzügig gesponsert von der Hong Kong, China Lacrosse Association, unterstützt durch zahlreiche Partner. Unsere Ausrüstung wurde von Gym Aesthetics gestellt, die Anreise durch den Deutschen Lacrosse Verband (DLaxV) organisiert.
Am ersten Tag nutzten wir die Gelegenheit, die beeindruckende Stadt zu erkunden. Ich unternahm eine kleine Wanderung auf einen der vielen Hügel, die Hong Kong durchziehen und genoss ein bisschen Natur in der urbanen Dichte. Am Abend starteten wir mit einem lockeren Training, ließen die Hände nochmal
am Lacrosseschläger warm werden und arbeiteten an letzten taktischen Feinheiten, um uns an Klima und Spielform anzupassen.
Ein harter Start ins Turnier
Der zweite Tag begann mit einem intensiven Spiel gegen die Philippinen, das wir nach einer holprigen Anfangsphase mit 15 : 19 verloren. Die Niederlage motivierte uns jedoch, uns zu steigern. Nach einem schnellen Mittagessen standen wir Hong Kong selbst gegenüber. Diesmal dominierten wir die Partie und siegten mit 20 : 12 Leider verletzte sich ein Teamkollege am Außenband und musste das Turnier im Rollstuhl verfolgen. Dennoch ließ er es sich nicht nehmen, uns tatkräftig zu unterstützen, beim Auswechseln abzuklatschen und für Wasser und Motivation am Spielfeldrand zu sorgen.
Die reduzierte Spieleranzahl – nur noch 10 Feldspieler – forderte uns körperlich. SIXES-Spiele mögen kurz erscheinen (viermal acht Minuten), aber durch das hohe Tempo und die kurzen Pausen benötigt der Körper nach zwei Spielen fast den ganzen Tag, um sich zu erholen. Neben Ruhephasen im Hotel versuchten wir, unsere Teamkameradinnen bei ihren Spielen zu unterstützen. Sie lieferten eine beeindruckende Leistung ab: ein vernichtender 11 : 0-Sieg gegen Hong Kong, aber eine knappe Niederlage mit 11 : 14 gegen Global Lacrosse.
Herzschlagfinale und Teamspirit
Am Samstagmorgen traten wir gegen die „Fogostealers“ aus Japan an – ein Spiel, das zu den spannendsten des Turniers wurde. Beide Teams lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. 30 Sekunden vor Schluss führten wir knapp, doch Japan glich aus. In den letzten acht Sekunden gelang uns ein sensationeller Siegtreffer durch unseren Captain Justin: 13 : 12. Der Jubel war riesig, doch das Spiel hatte uns alles abverlangt.
Nach einer Mittagspause ging es gegen China. Das Spiel diente uns vor allem dazu, Taktiken zu verfeinern und neue Strategien zu festigen. Mit einem deutlichen 20 : 2 sicherten wir uns den Sieg. Auch die Damen überzeugten und gewannen beide Spiele souverän.
Am Abend genossen alle Teams ein gemeinsames Buffet in einer traumhaften Location direkt am Meer. Umgeben von den Lichtern der Stadt und den silhouettenhaften Bergen wurde das Miteinander gefeiert –ein Moment, der die internationale Lacrosse-Gemeinschaft vereinte.
Rückschläge und Erkenntnisse
Am Sonntagmorgen wollten wir im Halbfinale gegen die Philippinen zeigen, dass wir angekommen sind. Nach einem harten, körperbetonten Spiel endete die reguläre Spielzeit mit einem umkämpften 16 : 16. Das „Golden Goal“ entschied das Spiel zugunsten der Philippinen, und wir mussten uns geschlagen geben.
Im Spiel um Platz 3 sorgte eine Verletzung unseres Goalies für einen besonderen Twist: In Absprache mit der Turnierleitung übernahm spontan unser Trainer (ehemals Goalie) die Position im Tor – und mit einer starken Verteidigungsleistung sicherten wir uns einen versöhnlichen Sieg zum Schluss.
Die Damen schafften es bis ins Finale und holten einen hervorragenden zweiten Platz. Bezeichnend für ihr Spiel war die Präzision ihrer langen Pässe, die zu schnellen Toren führten und die gegnerische Verteidigung überrumpelten.
Ein Spagat zwischen Leidenschaft und Verantwortung
Nach dem Turnier blieb mir noch eine Woche, um Hong Kong zu erkunden. Ich bin gespannt, diese Metropole näher kennenzulernen, doch das gesamte Erlebnis ließ mich zwangsläufig auch über die größeren Zusammenhänge nachdenken. In Zeiten der Klimakrise fühlt es sich absurd an, für ein Turnier um die halbe Welt zu fliegen. Wieder einmal offenbaren sich Ambiguitäten mit der wir leben. Einerseits setze ich mich auf struktureller Ebene dafür ein, dass solche Flüge nicht mehr erlaubt sind, da es ökologisch natürlich der völlige Wahnsinn ist und in einer gerechten Welt nicht vertretbar, andererseits bedeutet es für uns als Team die Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 2028 und für mich persönlich die so nötige Erfahrung großer, wichtiger Spiele mit harter Konkurrenz um besser zu werden.
Dieser Spagat zwischen ökologischer Verantwortung und der Leidenschaft für den Sport ist schwierig. Ich genieße die wertvollen Erfahrungen, die mir dieses Turnier ermöglicht hat – auf und jetzt neben dem Spielfeld. Der Fakt, dass wir andere, nachhaltigere Wege finden müssen, um unseren Sport zu fördern und internationale Turniere auszutragen, bleibt allerdings bestehen.
Mein Heimatverein und ein starkes Team im Rücken
Abschließend möchte ich ein großes Dankeschön an meinen Heimatverein, den TWG 1861 Göttingen, aussprechen. Ohne die Unterstützung von dort hätte ich es nie bis zu solchen Turnieren geschafft. Sei es durch motivierende Trainings mit meinem Team oder die tatkräftige Organisation von Turnieren wie jetzt zuletzt das „LaBox“ – der TWG hat mir die Grundlagen gegeben, um auf internationaler Bühne bestehen zu können.
Besonders schön war, dass Teamkolleg*innen den Livestream unserer Spiele verfolgt haben und so mental bei uns waren, obwohl sie weit entfernt waren. Noch kurz zuvor hatten wir in Göttingen ein eigenes Turnier auf die Beine gestellt – ein weiterer Beweis für das Engagement und den Zusammenhalt in unserem Verein.
Solche Erlebnisse zeigen mir, dass ich nicht allein auf diesem Weg bin. Sie geben mir die Kraft, mich weiterzuentwickeln, und die Motivation, morgens früh für das Training aufzustehen – auch wenn es manchmal Überwindung kostet. Danke für alles, TWG und Grashoppers, ich bin stolz, ein Teil von euch zu sein!